Hallo liebe Leser, hallo Beratungsteam.
Wir haben seit langer Zeit erhebliche Probleme mit unserem 6-jährigen Sohn. Mittlerweile gerate ich alle 2-3 Tage mit ihm in einen heftigen Streit. Da nur ich diese Problematik überhaupt sehe, habe auch nur ich mich vor etwa 3 Jahren schon das erste Mal an das hiesige Jugendamt sowie die Familienberatung gewendet. Grundlage allen Übels ist dabei sicher die unterschiedliche Sichtweise von uns Eltern, was die Erziehung angeht.
Sowohl das Jugendamt als auch die Beratung haben nach meinen Beschreibungen die Auffassung vertreten, dass das, was die Kindsmama mit dem Kleinen macht, an Verwahrlosung grenzt. Ich konnte allerdings bis heute nicht schaffen, die Mama davon zu überzeugen, dass es auch anders ginge. Natürlich bekam der Kleine die ewigen Diskussionen, manchmal auch heftige Streits, wobei sie auch mal handgreiflich wurde, mit, was sich wohl in seinem heutigen Verhalten widerspiegelt.
Bei gemeinsamen Gesprächen im Jugendamt hat sie sich so gezeigt, als ginge alles von mir aus. Hat auch mal geweint, wobei sie mir dann wieder leid tat. Fazit der letzten Gespräche war eine Trennungsempfehlung, mehr nicht. Ich hätte mir ehrlich gesagt gewünscht, dass sich einmal jemand unser Familienleben anschaut, was abgelehnt wurde. So gab es viele Mails, Telefonate, Besuche im Jugendamt, aber keinerlei Konsequenz und vorher keinerlei praktische Hilfe. Dabei gab es wirklich schon heftige Situationen.
Ok, jetzt habe ich viel geschrieben aber nicht viel gesagt. Es ist seit Jahren folgendermaßen:
Ich arbeite ganztags, habe aber flexible Arbeitszeiten. Die Mama hat seit 2 Jahren einen Halbtagsjob.
Seit sie den Job hat, sorgt sie jeden Morgen dafür, dass der Kleine nicht pünktlich um 8, sondern erst um 9 Uhr, also nach dem Frühstück, in die Kita kommt. Vorher übrigens, durfte ich ihm nie sagen, dass es zur Kita ging, sie hatte regelrecht Angst, ihm das zu sagen. Um ihm das etwas "leichter" zu machen, steckte sie ihm oft ein Bonbon in den Mund - Einfach so. Das hat mich immer fürchterlich aufgeregt. Genauso die Tatsache, dass sie ihn nachmittags mit einer Flasch (Nuckelflasche…) Kakao abholte, so dass er den Erzieherinnen schon vorher sagte "gleich kommt Mama mit Kakao".
Wenn der Kleine mal pünktlich war, gab es sehr häufig vorher heftige Auseinandersetzungen zuhause, weil ich dafür kämpfen musste, ihn hinaus zu bekommen. Der Mama war es immer bequem, ihn um 9, wenn sie sich zur Arbeit aufmachte, mitzunehmen. Deswegen gibt sie sich auch keinerlei Mühe, ihn abends pünktlich ins Bett zu bringen. Sie arbeitet sogar oft dagegen, so dass er häufig erst um 22 Uhr oder später schläft. Deswegen bat ich sie schon oft, abends doch etwas zu unternehmen, denn dann kommt der Kleine pünktlich und vor allem auf harmonische Weise ins Bett. Wenn ich ihn um 8 zur Kita bringe, bekomme ich hin und wieder einen Kommentar wie "mit Dir klappt das wenigstens", von den Erzieherinnen.
Gut, das ist "nur" eines der Probleme. Andere Probleme sind, dass sie schon 3 Jahre nicht mehr mit ihm beim Frisör war. Sie schnitt ihm selbst die Haare zum Pottschnitt. Einmal hatte er wohl gesagt, dass er nicht wollte. So wird im Grunde alles gelassen, was dem Kleinen unbequem ist. Die letzten beiden Haarschnitte habe ich nach langer Zeit mal wieder beim Frisör mit ihm hinbekommen. Ich hoffe das klappt weiterhin.
Zahnarzt: Sie hat sich nie um seine Zähne gekümmert. Das musste immer ich initiieren. Ich wollte dass er gute Zähne hat, was mir dann doch, jedenfalls erst einmal, nicht gelungen ist. Manchmal hatte ich einfach zu viel Arbeit, so dass ich mich nicht kümmern bzw. es kontrollieren konnte. Konsequenz war, das es nach einer Untersuchung in der Kita einen grünen Zettel gab mit dringender Empfehlung, einen Zahnarzt zu konsultieren. Das hatte ich ihr dann immer wieder gesagt, aber als sie dann ging, war es zu spät. Ich weiß, hätte ich auch tun können. Aber da sie die Zeit gehabt hätte war das normalerweise ihr Ding. Letztendlich hat unser Zahnarzt gesagt, dass so viele Stellen zu reparieren sind, dass es besser unter Narkose gemacht werden würde. Das nächste Problem: Sie sagte, "ich möchte nicht, dass mein Kind schlafen gelegt wird". Ich fragte trotzdem schon einmal beim Zahnarzt nach einem Termin. Das hätte allerdings knapp 1 Jahr gedauert. Da mir das zu lang war, suchte ich einen anderen Zahnarzt, der Narkosebehandlung anbietet, und machte einen Termin fest, denn der Kleine hatte auch schon Schmerzen und musste, nachdem unser Zahnarzt empfohlen hatte, es so nicht zu tun, noch zwei schmerzhafte und erfolglose Behandlungen über sich ergehen lassen. Seine Mama hatte über Bekannte einen "Wunderdoktor" gefunden...
Dann kam der besagte Termin zur Narkosebehandlung. Sie regte sich fürchterlich auf und machte den Kleinen scharf, so dass er von sich aus sagte, dass er nicht schlafen gelegt werden möchte... ich musste absagen.
Das ging so noch einige Wochen weiter, bis es ihm so weh tat, dass ich noch einmal bei dem Zahnarzt auf dem Überweisungsschein, den unser Hauszahnarzt empfohlen hatte, anrief. Die freundliche Dame machte sofort einen Termin, etwa 1 Woche später. Ich fing fast an zu heulen und holte mir dann die "Freigabe" vom Jugendamt und fragte die Mama nicht mehr. Der Kleine kam zuerst nur widerwillig aus dem Haus, es war wieder heftig, aber als er dann mit mir im Auto saß war alles gut. Auch beim Zahnarzt war er ruhig. Als er wach wurde, hatten sie ihm 14 Stellen repariert und einen Backenzahn gezogen. Ich habe ihn wach gestreichelt und er hat keine Schmerzen mehr gehabt. Nachher sagte er dann, dass das gut war.
Das war nun nur ein kleiner Ausschnitt aus unserem "Familienleben". Hinzu kommt, dass er freiwillig wirklich gar nichts macht. Er ist gewöhnt, etwas von ihr zu bekommen. Immer. Er hat so viele Spielsachen, dass er gar nicht weiß, was er spielen soll. Wenn er Besuch hat, ist er oft unausstehlich. Kinder dürfen seine Sachen nicht anfassen, umstellen, anders hinlegen, das alles kann heftige Reaktionen bei ihm auslösen. Der Kleine kennt nicht, gute Freunde zu haben. Ich habe schon schlimme Streitereien von ihm und einem Kita-Freund gesehen. Dass er so reagiert liegt vermutlich daran, dass er so sehr verhätschelt wird. Ich weiß es nicht.
Der Auslöser, dass ich heute hier schreibe, war sicherlich die Situation von gestern. Eine ebenfalls fast alltägliche Situation: Ich komme nach hause, der Kleine sitzt am Küchentisch und hört laut ein Hörspiel. Draußen ist bestes Wetter.
Genau in dem Moment, wo ich zur Tür herein komme, steckt Mama ihm etwas in den Mund. Man darf nichts sagen, denn das stört das Hörspiel. Der Kleine bekommt gerade so ein "hallo Papa" über die Lippen, steht aber auch gar nicht erst auf, denn der Hot Dog (wohl der dritte, um 16:30 Uhr) schmeckt so gut. So sitzt er wohl schon gut 1 1/2 Stunden dort. Seit der Kita.
Als er fertig ist und aufsteht, bitte ich ihn freundlich, die Röstzwiebeln (eine gute Hand voll) vom Fußboden aufzukehren. Ich gebe ihm auch ein Kehrblech. "Nein, mache ich nicht" war die Antwort. "Mama, der will dass ich das sauber mache!".
Als ich noch einmal bitte, sagt er ganz laut "Nein, Du A********", also das A-Wort, welches er von ihr kennt.
Das war wie ein Schuss mit der Pistole. Dann haben wir heftig gestritten, auch weil die Mama sich wieder auf seine Seite begab und ihn vor mir "beschützen" wollte. Dabei kam heraus dass Türen laut zugeschlagen wurden und das ganze Haus in Aufruhr war. Etwa 15 Minuten später hat er sich dann wieder beruhigt. Dann ging ich mit ihm in den Garten, was wirklich gut war, denn ein Kind kann nicht ständig am Tisch sitzen und gefüttert werden. Naja, ich habe ihm dann gesagt, dass er ab jetzt für jedes A-Wort einen Tag TV-Verbot hat. Die Mama ist dann abgezischt, ihre neue Wohnung vorbereiten. Ja, das wird auch wirklich höchste Zeit. Ich konnte ihn dann auch zu einer "normalen" Zeit ins Bett bringen.
Andere tolle Behandlungsmethoden sind z.B.: Das Kind sitzt auf dem Sofa, Füße in einer Schüssel mit warmem Wasser. TV läuft. Kind wird währenddessen gefüttert.
So oder ähnlich ist es fast ausnahmslos jeden Tag mit ihr. Und selbst das sind nur Auszüge, es gibt noch mehr.
Nun planen wir die Zeiten. Wann ist der Kleine bei wem? Ich möchte gerne so viele Wochentage wie möglich, damit er Struktur bekommt. Ich bin gespannt ob sie sich darauf einlässt. Falls nicht, werde ich es vermutlich mit einem Anwalt versuchen, denn das Wohl des Kleinen liegt mir sehr am Herzen. Sie erkennt oft nicht einmal, wenn er krank ist, oder macht im irgendeinen Sud, den er dann schlucken muss, anstelle von Medizin. Ja, sogar wegen Medizin haben wir Grabenkämpfe. Schade dass das nun noch Jahrelang so weitergehen wird, auch wenn sie woanders wohnt. Denn sie hat sich vorsorglich einen Arbeitsplatz just in der Schule gesucht, die er bald besuchen wird. In der OGS. Sie darf ihn zwar nicht betreuen (in der Theorie), aber jetzt ist die Schule für ihn schon "Mamas Schule". Da sie ihn niemals in Ruhe lassen wird, kann ich mir vorstellen, dass es dort Ärger geben wird. So wie ich sie heute kenne, gehe ich davon aus, dass sie ihn immer beeinflussen wird.
Das Ganze hat mich mittlerweile so zermürbt, dass ich eine Vater-Kind-Kur beantragt habe. Mein Kumpel hat gelacht. Scheinbar kann ich den Stress gut vor ihm verbergen. Aber eine Zeit alleine mit dem Kleinen ist mir sehr wichtig.
Wenn sich die Zeiten eingespielt haben, möchte ich ihn auch bei einem Sportverein anmelden. Aktuell kennt er so etwas nicht. Ich glaube aber, dass es ihm gut tun würde.
Es würde mich interessieren, wie andere ihre Kinder so beschäftigen. Sehe ich da etwas zu eng?
Vielen Dank für das Lesen. Es war dann doch etwas lang ;-)
Pappi
Hallo Pappi,
mein Name hier ist bke-Lorenz-Bauer, ich bin hier als Moderator aktiv. Im Namen des gesamten Moderator*innen-Teams heiße ich Sie herzlich willkommen! Schön, dass Sie den Weg hierher ins Forum als einen Ort, um Ihre Themen zu reflektieren, gefunden haben👍.
Nach der Lektüre Ihrer ausführlichen Schilderungen glaube ich mir Ihre Situation im Großen und Ganzen vorstellen zu können. Wie ich verstanden habe, wächst Ihr kleiner sechsjähriger Sohn unter sehr unterschiedlichen (oder eher widersprüchlichen) "Erziehungsbedingungen" bei Ihnen als Vater und der Mutter auf. Ganz ehrlich, das ist nicht zu übersehen... Dass Ihr Sohn dies in seinem Verhalten zum Ausdruck bringt, ist nicht verwunderlich. Sie haben bereits die richtigen Stellen als Unterstützung in Anspruch genommen, waren beim Jugendamt (vermutlich dem Allgemeinen Sozialdienst des Jugendamtes) und der Familienberatungsstelle. Sie hätten sich eine Fachkraft gewünscht, die zu Ihnen nachhause kommt, Ihr Familienleben "anschaut" und Sie dabei unterstützt, es in gute Bahnen zu lenken, richtig? Stattdessen haben Sie eine Trennungsempfehlung bekommen.
Sie schreiben gegen Ende Ihres Textes, Sie wollten zukünftig die Tage aufteilen, was die Betreuung angeht mit der Idee, Ihr Junge solle bei Ihnen mehr Struktur erleben. Eines ist mir gerade unklar: Sind sie nun getrennt von der Mutter oder nicht?
Zu Ihrer konkreten Frage am Ende, wie andere Eltern ihre Kinder beschäftigen bzw. welche Angebote sie Ihnen ermöglichen, gibt es bestimmt eine riesige Palette an Antworten und Ideen. Ich wüsche Ihnen hier einen guten Austausch und viele bereichernde Gedanken aus der Elternschaft.
Grundsätzlich scheint es mir sinnvoll zu sein, den Kontakt zum Jugendamt wie auch der Beratungsstelle weiter halten. Zumal das Jugendamt einige Unterstützungsmöglichkeiten im "im Angebot" hat, nicht zuletzt eine sogenannte "Sozialpädagogische Familienhilfe", die auch in die Familie kommt. Es wäre bestimmt lohnend, da nochmal nachzuhaken. Denn ob Sie sich trennen oder zusammenbleiben, im Jugendamt und der Beratungsstelle sollten Sie adäquate Unterstützung finden.
Weiter möchte ich Ihnen hier bei der bke-Onlineberatung eine Mail-/Einzelberatung nahelegen, dort können Sie individuell im geschützten Rahmen gemeinsam mit einer Berater*in im 1 zu1-Kontakt nach Ideen und Lösungsmöglichkeiten suchen.
Ich wünsche Ihnen einen guten Austausch hier, viele Grüße und ein schönes Wochenende,
bke -Lorenz Bauer